Drohne I / Sommer

Abflug in die Drohnenwelt. Über den Köpfen Mückenschwärme rasieren. Blut im Kreislauf. Blut im Getriebe. ABSTURZ. Hoch in den sechsten Stock. Persilschwärme, Wunderbäume, Kettenrauch. Rotorenfrisur. Im Bart der Tod der Nächstbesten. Die Bartträger schwärmen aus zum Stutzen, Plätten, Glätten. Drohnengott, sprich mit mir. Das Sirren wird zum Surren der Gedärme, die verdrehen sich gleich geflochtenen Zöpfen. Mit der Drohne runter in den Vierten. Ne, wir geben nichts. Ich wollte nur sagen, Ihr Keller. Wir haben keinen Keller. Komisch, ich auch nicht. Na jedenfalls die Keller, die stehen unter Wasser. Der Liftschacht auch. Das sieht man nicht. Drücken Sie mal die Vier. Ne, lieber die Sechs, damit Sie mal hier wieder abrauschen aus dem Vierten. Na jedenfalls, im Lift hört man das Rauschen, als würde da was abfließen, über der Kabine ausgegossen und dann die Wände runter, während du da drin stehst in dem Lift und genau weißt, ich bin hier drin, und das ist da draußen, aber das da draußen, dieses Rauschen, das gehört da nicht hin und trotzdem fliegst du, fährst du, bist natürlich viel langsamer als deine Drohne, und könnte ja auch nen Kurzschluss geben mit all dem Wasser um den Lift rum, im Liftschacht, da ist ja auch irgendwo Elektrik, und dann stürzt du, aus dem Sechsten runter über den Vierten bis ganz nach, na wo das Unten dann noch ist, falls es das gibt, ein Unten. So wie die Drohne, die du fliegst, die wartet ja schon unten, mit Wasser oder ohne, vor dem El Toredo. Vor dem El Toredo sitzt auf einem der Korbmöbel aus Plastik die Frau aus dem Dritten, Serbien, Kroatien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina, ebenda irgendwo, und raucht und nickt. Ihre Wohnung im Dritten ist teurer als meine im Sechsten, behauptet sie, raucht. Ich hab sie nicht erkannt beim zweiten Mal sehen. Beim ersten Mal wäre ja nicht gegangen, an den Briefkästen, da haben wir uns kennengelernt. Ich hab mich vorgestellt, und sie fragt, was kostet deine Wohnung. Und dann beim zweiten Mal sehe ich sie da sitzen und seh nur irgendwen da sitzen. Dass ich sie kenn, merk ich erst später, als sie mit jemandem da sitzt, den ich kenne, aus dem Zweiten, mit Hund, die sitzt da jetzt mit der aus dem Dritten, und die Türkin aus dem Café nebenan grüßt auch mit. Die wohnt auch im Zweiten, und die erkenn ich auch, was die aus dem Dritten, aus Mazedonien oder sonst wo natürlich merkt, weshalb sie die Lippen zusammenkneift, während sie die Asche abstreift, und jetzt grüßt sie gar nicht mehr, nur wenn die aus dem Zweiten dabei sind, oder aus dem Dritten, die Cafétürkin, aber nicht, wenn sie nur mit den Männern aus dem El Toredo da sitzt, dann sieht sie mich nicht mehr. Keine Ahnung, wie ich das wieder gut machen soll. Ich lande auf ihren gefärbten Haaren, Drohne aus, und sie schlägt trotzdem nach den Fliegen. Die haben auch im El Toredo Hochsaison, Wespenzeit ist auch schon, aber oben im Sechsten vor allem Fliegen und Bienen. Die Bienen sind von der Pilotin zwei Häuser weiter, die gärtnert wild auf dem Dach und dazwischen die Bienenstöcke, die Landezonen, das Sirren und Surren und Samstags raus auf die Straße, den Honig verkaufen. Der verklebt die Rotorblätter, das Surren wird zum Stottern und das Sirren markiert nen ungesunden Tempowechsel. So schnell verlässt niemand das Gebäude. Nur nachts, nach 3, da werden die Schuldenopfer vorm El Toredo auf die Straße getrieben und erst mal abgerieben. Ein paar Jungs halten die Hände vor die Drohnenaugen, weil Bilder nicht erwünscht sind. Das gibt ein schönes Geschnetzel, all die Fäuste, die zwischen Rotorblättern in Gesichter fliegen. All die Drohnen, die doch noch stürzen, weil das einfach zu viel Blut ist für die Motoren, zu dieser Jahreszeit, zwischen all den Fliegen, Bienen, und die Frau aus Mazedonien, Bosnien oder sonst woher raucht ihre Finger mit, die Augenringe fangen an zu kreisen, und dann Gewitter, der Keller läuft voll, der Liftschacht, vom Sechsten runter in den Vierten, Hallo, aber da schlafe alle schon, niemand macht auf, kein Mensch hört den Alarm.